Integration von Menschen mit Migrationshintergrund beim ESV

Seit den 60er Jahren, als die Familien der – von der Bundesregierung angeworbenen – Gastarbeiter nachziehen konnten, war der ESV der sportliche Anziehungspunkt sehr vieler Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund. In erster Linie waren es Jugend-Fußballer aus den Stadtteilen Süd, Mitte, West und Nord.

In den Kreisen, vor allem in den Schulen, hatte es sich herumgesprochen, dass der ESV seit dem April 1968 ein neu gebautes Sportzentrum mit einem Tennenplatz und top Sanitäranlagen an der Oskar-Vongerichten-Straße besitzt – und zudem eine bekannt gute Fußballjugendabteilung hat, dies auch schon vor der Umsiedlung vom Stadtteil West in den Stadtteil Süd (wir mussten damals dem Bau der Hochstraße mit dem Pylon weichen, heute befindet sich dort die Post/DHL).

Zum ESV kamen zuerst Italiener, dann Griechen, Spanier, auch Aussiedler aus Polen und Russland, aus der Türkei, viele Flüchtlinge vom Krieg in Jugoslawien, dann auch aus manch anderen Ländern und Erdteilen wie Afrika oder Kriegsflüchtlinge aus Asien. Beim ESV war jeder willkommen, Nationalität, Religion oder Hautfarbe spielten – und spielen – keine Rolle.

Ich war seit 1961 beim ESV einer der Fußballjugend-Trainer und seit 1971 auch der Fußballjugendleiter. Ab 1974 gehörte ich dem geschäftsführenden ESV-Vorstand als Vereinsjugendleiter an, in der Folge als 2. und 1. Vorsitzender, zwischendurch auch als Vereins-Präsident, bis 2012. In all den Jahren gehörte Integration zu meinen Aufgaben, nicht nur Kinder und Jugendliche, auch Erwachsene waren die Zielgruppe. Im Rahmen meiner vielfältigen Aufgaben gehörte die „Integration von Migranten“ in den ESV zu denen, die mein Leben mit großer Zufriedenheit erfüllten.

Im April 2009 holte ich zu meiner Entlastung SinanYesil als Integrationsbeauftragten in mein Vorstandsteam. Er war einer der ersten mit diesem speziellen Aufgabenbereich in Vereinen des Sportbundes Pfalz. Unser Ziel war es Väter und Mütter für Funktionen im Verein zu gewinnen, was auch, insbesondere als Fußballjugendtrainer und -Betreuer gelang. Aber auch, zusammen mit unserer Geschäftsführung – unsere 2. Vorsitzende Angelika Grötsch sei hier besonders erwähnt – in vielen Dingen des „bürokratischen“ Alltags den Erwachsenen behilflich zu sein und die Kinder und Jugendlichen in der Bildung und bei der Suche nach einem Ausbildungs-/Arbeitsplatz zu unterstützen.

Nur zwei Beispiele der 100% gelungenen Integration: Sinan Yesil (türkische und deutsche Staatsbürgerschaft), Jahrgang 1967: Er war als Spieler, Betreuer und Trainer in der Fußballabteilung „gesetzt“ – und letztlich sogar Vorstandsmitglied. Sein Sohn ebenfalls Fußballer, später Betreuer und Trainer bei den Fußballern.  Die höchste Würdigung der Verdienste von Sinan Yesil erfolgte 2010, als ihn der DFB als ersten ESV’ler in den DFB-Ehrenamtsclub „Club 100“ aufgenommen hat.

Gleiches gilt für Alexandros Vogiatzoglou (griechisch/deutsch), Jahrgang 1965: Auch Spieler (Jugend, Aktive, Alte Herren), Betreuer, Trainer, seit 1999 Abteilungsleiter Fußball-Aktiv- und seit einiger Zeit auch Beisitzer im ESV-Vorstand. Auch er erhielt als höchste Würdigung seines Engagements den DFB-Ehrenamtspreis (leider ohne Aufnahme in den berühmten „Club 100“, was aber auch er verdient gehabt hätte) sowie die Verdienstnadel des Südwestdeutschen Fußballverbandes. Sein Bruder, ebenfalls seit Kindheit beim ESV-Fußball Trainer und Betreuer, aktuell Vertreter seines Bruders in der Abteilungsleitung. Die leider schon verstorbenen Eltern der beiden waren unentbehrliche Helfer*in der Abteilung Fußballjugend.

Einige Projekte in der Zeit, ausgeschrieben von der Stadtverwaltung, der BASF, des Sportbundes Pfalz (SBP) und des Landessportbundes Rheinland-Pfalz LSB), beinhalteten in der Regel auch die Integration. Einige Beispiele:

  • Pilot-Projekt der Stadtverwaltung „Sport bildet Jugend“, bedeutete vor dem Training Deutsch lernen und Hausaufgabenhilfe.
  • Projekt des LSB mit der Sparda-Bank „Sport für alle – wir helfen mit“: Finanziert wurde über Jahre der Nachhilfeunterricht für die 3. und 4. Klassen beim ESV-Kooperationspartner Albert Schweitzer-Grundschule. Zudem nutzt die Schule/der Hort den ESV-Platz unentgeltlich für den Sportunterricht – und viele Kinder der Schule im Stadtteil Süd sind auch aktive Mitglieder in unseren Jugendabteilungen.  Die Kita „Heilig Heist“ profitiert heute noch durch die Kooperation mit dem ESV – der ESV bekommt neue Mitglieder für die Sportangebote „Eltern-Kind-Turnen“ und Kinderturnen, die Kita kann unentgeltlich unsere Sportanlagen, incl. der Sporthalle, für den Kita-Sport nutzen.
  • Die Sportjugend beim SBP unterstützte „die umfangreichen Bemühungen des ESV zur Integration von Kindern und Jugendlichen unserer Mitbürger*innen mit Migrationshintergrund“ mit einem hohen Geldbetrag zur Anschaffung von Sportgeräten.
  • Projekt der BASF „Soziale Integration im Sportverein“: Einer der Pluspunkte des ESV bei der Siegerehrung war die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Fußballabteilung, wo z. B. bei der Fußballjugend zu dem Zeitpunkt 80 % der 250 Mitglieder einen Migrationshintergrund hatten. Aber auch bei den Herren und den „Alten“ Herren war der Migrationshintergrund eines Spielers noch nie ein Grund ihm das Mitspielen in einer Mannschaft zu verwehren.

Noch ein letzter Satz zur Würdigung der Verdienste von ESV-Mitgliedern zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Verein: Nicht nur Yesil und Vogiatzoglou, und nicht nur Fußballer (z. B. hatten/haben auch unsere Judokas einen großen Anteil daran!), auch weitere ESV-Mitglieder wurden/sicher werden auch zukünftig vom Verein, von der Stadt und von Fachverbänden für ihre Verdienste um den Sport ausgezeichnet, weil damit  immer ein Anteil „Integration“ einhergeht – und das war  stets auch Thema in der Begründung, als die Verdienste von Rainer Winkler für die Gesellschaft mit der Bürgerschaftsmedaille der Stadt Ludwigshafen und der Verdienstnadel des Landes Rheinland-Pfalz gewürdigt wurden.

Für den Zeitraum bis 2012 aufgezeichnet von Rainer Winkler

Eisenbahner-Sportverein 1927 e. V.

Eisenbahner-Sportverein 1927 e. V.